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Erneuerbare Energien - was kann die Landwirtschaft tun?

Mit dem Regierungswechsel ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien und die damit verbundene Energieversorgung in Zeiten starker klimatischer Beanspruchung noch stärker in den politischen Fokus gerückt. Neben den Auswirkungen des Klimawandels dürfen jedoch unpopulärere Einschränkungen, wie z. B. die Flächenknappheit oder die Gewährleistung der Netzstabilität, nicht vergessen werden. Dafür bedarf es auch neuer Ansätze im System der Energieversorgung. Gerade die Landwirtschaft hat in den letzten Jahren gezeigt, dass sie einen beträchtlichen Anteil dazu beitragen kann.

Um gemeinsam mit Vertretern aus Forschung und Praxis diese Themen aus Sicht der drei Zweige der Erneuerbaren Energie, Biogas - Windenergie - Photovoltaik, zu erörtern und zu diskutieren, lud das Junge DLG/Team Göttingen dieser Tage zu einem Online-Kaminabend zum Thema Erneuerbare Energien ein.

Das Junge DLG/Team Göttingen in Person von Lukas Bimberg und Magdalena Höwer, welche auch im weiteren Verlauf gekonnt durch das Programm und die Diskussion führten, konnte rund 150 gespannte Zuhörer und Zuhörerinnen begrüßen.

Die fachliche Einleitung in Form einer Darstellung des Status quo bis hin zur möglichen Zukunft übernahm Dipl.-Ing. Heiko Schwarzburger (Chefredakteur der Fachmagazine „Photovoltaik“ und „PV Europe“). Dabei zeigte der Fachjournalist auf, dass sich im Rahmen dezentraler Strom- und Wärmeerzeugung auf landwirtschaftlichen Betrieben die Chance für Landwirte ergibt, nicht nur zum Erzeuger, sondern auch zum Händler, Regional- und Selbstversorger zu werden. Landwirte erzeugen seit jeher Energie in Form von Lebensmitteln und ergänzen dies nun durch weitere Formen der Energieproduktion (Strom und Abwärme).

Daran anschließend konnte Peter Neufeldt (UKA Nord Projektentwicklung GmbH & Co. KG) darstellen, was für die Landwirtschaft in Bezug auf den geforderten Ausbau der Windkraft möglich ist und wo die Herausforderungen im Planungsprozess liegen. Aufgrund einer Vielzahl an einzuhaltenden Vorgaben (z. B. Abstandsregelungen) stellen sich vor allem die Standortwahl, aber auch der Genehmigungsprozess (Dauer mind. fünf Jahre) als große Hemmnisse dar.

Nicht nur Neufeldt, sondern auch alle anderen Referenten waren sich mit beeindruckender Geschlossenheit einig, dass gerade die politische Überbürokratisierung das größte Problem im Ausbau aller Erneuerbaren Energien darstellt. Neufeldt zeigte auf, dass mindestens zwei Prozent der Landesfläche allein für den Bau von Windkraftanlagen, welche einen Flächenbedarf von 0,5 bis 0,8 ha besitzen, nötig sind, um die geforderten Klimaziele zu erreichen. Der Beitrag der Windkraft zum natur- und Klimaschutz müsse genutzt werden, um die Akzeptanz der landwirtschaftlichen Windkraft zu stärken.

Der Landwirt und Unternehmer Philip Klagges (Geschäftsführer Bioenergie Marienthal GmbH & Co. KG) beschrieb die Möglichkeiten der Biogasproduktion als Teil des erneuerbaren Energiemix. Am Beispiel der eigenen Biogasanlage erklärte er den Zuhörenden, wie seine Biogasanlage aus dem Ziel der Eigennutzung (Strom und Wärme) heraus entstanden ist und wie diese mittlerweile auch um die Produktion von Biomethan ergänzt wurde.

Mit der Möglichkeit der Abführung von CO2 aus dem Methan und der perspektivischen Möglichkeit zur Herstellung synthetischer Gase und Kraftstoffe zeigte sich, wie vielfältig der Output einer Biogasanlage sein kann und eben nicht nur aus Strom und Wärme besteht. Klagges plädierte zudem dafür, eine Biogasanlage nicht nur mit Mais zu versorgen. So verwendet er in seiner Anlage einen breit aufgestellten Substratmix aus Stroh, Mist, Mais, Silphie und Zuckerrüben, wobei dem Stroh, welches durch ein Hydrolyse-Verfahren aufbereitet wird, eine große Bedeutung zukommt.

Michaela Hopf (Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE) zeigte abschließend auf, dass auch die Nutzung der Sonnenenergie durch Photovoltaik in der Landwirtschaft möglich ist. Um das Ziel des Photovoltaik-Ausbaus ohne einen gleichzeitigen Anstieg des Flächenverbrauchs zu realisieren, muss Photovoltaik in bestehende Strukturen integriert werden. Hierzu zählt auch die Agri-PV, eine gleichzeitige Nutzung von Photovoltaik und herkömmlicher Landwirtschaft auf ein und derselben landwirtschaftlichen Fläche. Ziel ist eine gesteigerte Wertschöpfung auf der Fläche.
 

Durch die Beschattung und andere Einflüsse sind zwar landwirtschaftliche Erträge unterhalb des ursprünglichen Ertragsniveaus möglich, jedoch können diese Defizite durch die gleichzeitige Stromerzeugung, also den „Strom-Ertrag“ (über-) kompensiert werden. Hopf hob hervor, dass die Konzeption der PV-Anlage stets an die Bedürfnisse der darunter wachsenden Kulturpflanzen angepasst werden muss. Aktuell stellen der schwierige Genehmigungsprozess und die im Vergleich zur Freiflächen-PV höheren Kosten die beiden größten Herausforderungen für die weitere Verbreitung solcher Anlagen dar.

Abgerundet wurden die Vorträge durch eine Vielzahl an Fragen und eine angeregte Diskussion, was neben der hohen Teilnehmerzahl das große Interesse am gewählten Thema bestätigte. Es wurde beispielsweise diskutiert, welche Kulturen ohne Ertragsverlust unter einer Agri-PV-Anlage etabliert werden können, ob eine Agri-PV-Anlage auf guten oder schlechten Böden stehen sollte, wie sich die Kosten für das Biogas-Strohsubstrat darstellen und ob sich der Bund stärker an der Energiewende beteiligen und in das Energierecht einbringen sollte.

Für das Junge DLG-Team/Göttingen stellte sich die Veranstaltung als voller Erfolg und als gelungener Start in das neue Junge DLG-Jahr heraus, in dem weitere Veranstaltungen und Exkursionen folgen sollen.