Noch kurz vor dem Jahreswechsel lud die Junge DLG/Team Soest auf dem Campus der Fachhochschule Südwestfalen am Standort Soest, zur Fachveranstaltung „Neue Wege im Pflanzenbau“ ein. Die Besucher erwartete ein Referentenquartett sowohl aus dem ökologischen, als auch aus dem konventionellen Landbau und bekam somit eine umfassende Einsicht in verschiedene Pflanzenbauansätze.
Die Aktualität und Bedeutung der ganzheitlichen Betrachtung von Pflanzenbausystemen sei mit Blick auf die Veränderungen im Klima, aber auch im Hinblick auf eine Zeit ohne politischen Rückhalt, von äußerster Wichtigkeit, so der Dekan Prof. Dr. Lorleberg in seinen Begrüßungsworten.
Gunther Lötzke, Vorsitzender des DLG-Ausschusses Ökolandbau und Verwalter des seit über 50 Jahren biologisch-dynamisch bewirtschafteten Gut Holzhausen im Kreis Höxter, legte dar, wie essentiell es ist, die biologischen Zusammenhänge der Landwirtschaft zu kennen und zu verstehen. Dabei sind das Wissen um die richtigen Arbeitszeitpunkte sowie die direkten und indirekten Stellschrauben von absoluter Wichtigkeit.
Zu verstehen sind unter den direkten Stellschrauben mechanische, thermische und biologische Verfahren, die mit den indirekten, hierunter fallen Fruchtfolgegestaltung, Bodenbearbeitung, Feld- und Saatguthygiene, Bodenfruchtbarkeit und die Düngeraufbereitung, in Wechselwirkungen stehen. Die eingesetzte Technik zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen ist, nach seiner Ansicht, dann nur noch zweitrangig. Auf die wissensbasierte Planungsarbeit kommt es an. Das Fazit von Lötzke lautet: „Ackerbau 1.0 statt Precision Farming 4.0“.
Der Spezialberater Pflanzenschutz der Landwirtschaftskammer NRW, Dr. Anton Dissemond, brachte dem Publikum die praktische Anwendung des Prognosesystems ISIP näher. Anfang der 1980er Jahre begann die Entwicklung von ISIP und wurde kontinuierlich weitergeführt. Die Finanzierung erfolgte fast ausschließlich durch öffentliche Gelder und ist heute somit ein Low-Cost-Segment für landwirtschaftliche Betriebe.
Neben frei zugänglichen Bereichen bietet ISIP für die angemeldeten Nutzer weitere Informationsdienste bezüglich Wetterdaten und Krankheitsprognosen. Die individuelle Registrierung kann über das Schnupperangebot erfolgen, dieses ist zeitlich begrenzt und umfasst nicht alle Dienste. Außerdem ist eine Anmeldung über verschiedene Angebotsdienste möglich. Diese sind zum Teil kostenpflichtig, insofern der Antragstellende nicht bereits Beratungsdienste der Landwirtschaftskammer nutzt. Alles in allem bietet das Prognosemodell eine Möglichkeit, Pflanzenschutzmittel - auch vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Diskussion - befallsspezifisch anzuwenden.
Der ökologisch wirtschaftende Landwirt Carsten Weber berichtete als Praktiker über die Bewirtschaftung seines Futterbaubetriebes. Die Fruchtfolge ist mit verschiedensten Gliedern breit aufgestellt: Luzerne-Kleegras, Silomais, Triticale, Hafer, Ackerbohnen, Erbse, Zwischenfrüchte und Landsberger Gemenge dienen dem Betrieb als Futtergrundlage. E-Weizen, Gerste und Roggen werden für die lokale Vermarktung für eine heimische Mühle angebaut.
Auch in Webers Vortrag wurden die Aspekte des Wissens um die biologischen Zusammenhänge sowie das Erkennen des passenden Arbeitszeitraumfensters und die Sortenwahl als die wichtigsten Aspekte für eine erfolgreiche, wirtschaftliche und nachhaltige Bewirtschaftung des Betriebes hervorgehoben.
Günter Stemann, technischer Leiter Versuchsgut Merklingsen, referierte als konventioneller Praktiker über die zukünftigen Herausforderungen in der Landwirtschaft und die damit verbundenen Lösungsansätze beziehungsweise Aufgaben. Zukünftig kann die Landwirtschaft mit Blick auf den Klimawandel mit höheren Temperaturen, aber auch mit Wetterextremen rechnen. Auch mit dem politischen und gesellschaftlichen Druck muss die Branche lernen umzugehen.
Als mögliche Auswege beschreibt Stemann folgende Maßnahmen: Eine weite Fruchtfolge, eine reduzierte Bodenbearbeitung, eine termingerechte Saat, die Sortenwahl sowie die mechanische Unkrautbekämpfung, um mit der Tatsache der Pflanzenschutzrestriktionen umgehen zu können.
Weiterhin nennt er die Reduzierung der N-Verluste durch geringere Bodenbearbeitungsintensitäten, den Anbau von Leguminosen und von Zwischenfrüchten, um den Forderungen der Düngeverordnung nachzukommen. Nicht zuletzt sind die Fruchtfolge, die Bodenbearbeitung und der Zwischenfruchtanbau wichtige Instrumente in Zeiten des Klimawandels. Insgesamt liegen die Anforderungen an den landwirtschaftlichen Betrieb in der Flexibilität des Managements, der Arbeitsabläufe und der Gerätetechnik.
Autorin: Josefine Kienitz, Junge DLG/Team Soest.