Schweinehaltung: Perspektiven der jungen Generation
Wirft man dieser Tage einen vertieften Blick auf die Lage schweinehaltender Betriebe in Deutschland, so fällt vor allem eines auf: Die Zeiten sind schwierig und herausfordernd. Die Ursachen sind vielfältig. Neben dem ohnehin schon gravierenden Strukturwandel komplettieren die Corona-Lage, die Afrikanische Schweinepest, die finanzielle Unsicherheit durch niedrige Erzeugerpreise sowie der Druck zu mehr Tier- und Umweltschutz die nahezu überhandnehmenden Herausforderungen.
Besonders für junge LandwirtInnen, SchweinehalterInnen und HofnachfolgerInnen stellt sich die Frage, wie es auf den Betrieben weitergeht und wie die Zukunft der Schweinehaltung aussehen muss bzw. kann.
Das Impulsforum der Jungen DLG auf der diesjährigen DLG-Wintertagung in Münster bot hierzu die Möglichkeit, Antworten auf die Fragen zur Zukunft der Schweinehaltung zu finden und zu diskutieren. Dabei zeigten drei junge BetriebsleiterInnen auf, dass die Wege vielfältig sein können, von der Erweiterung über alternative Konzepte bis hin zum Ausstieg aus der Schweinehaltung.
Die Vorträge begannen mit einem Beitrag von Stefanie Renz (Geschäftsführerin, Schirmerhof), welche sehr authentisch ihre Ideen von einer alternativen Schweinehaltung inklusive umfassender Direktvermarktung präsentierte.
Hierzu hält der konventionelle Betrieb ca. 70 Muttersauen, 30 Jungsauen, 550 Mastschweine und 300 Ferkel der Rasse Deutsches Sattelschwein bzw. Deutsches Sattelschwein x Pietrain. Rund um diese vom Aussterben bedrohte Rasse hat der Betrieb seine eigene Marke „Sattelsau“ mit entsprechender Vermarktung aufgebaut. In der Philosophie des Betriebs spielen der geschlossene Produktionskreislauf, die Haltung der Ferkel und der Mastschweine in Pigport-Ställen mit Stroh, verschiedenen Klimabereichen und Auslauf eine zentrale Rolle. Diese Haltungsform, aber vor allem auch die Möglichkeit des Betriebs, den Preis für die eigenen Produkte selbst festlegen zu können, machen eine nachhaltige Erfüllung der Anforderungen an die zukünftige Schweinehaltung möglich und waren Triebfeder für die eigene Vermarktung auf dem Betrieb. Hierzu hat sich der Betrieb mit einem Verkaufsmobil, der Online- und Metzgervermarktung sowie den beiden jüngst eröffneten Ladengeschäften vielfältig aufgestellt.
Die Tiere werden nahezu vollständig vermarktet, die Preise können selbstbestimmt festgelegt werden und rechtfertigen zusammen mit einer intensiven Verbraucherkommunikation die - auch ökonomisch - aufwändigere Form der Schweinehaltung und lassen den Betrieb, vor allem aber die Hofnachfolgerin optimistisch in die Zukunft blicken.
Fortgeführt wurden die Impulsvorträge durch Sebastian Ermann (Betriebsleiter, Landwirtschaft Ermann). Der Gemischtberieb mit Fokus auf Sauenhaltung und Ferkelproduktion hat durch eine umfassende Erweiterung und den Neubau von Ställen die aktuellen Herausforderungen angenommen und so die Basis für die Zukunft und die junge Generation gesetzt. Der Betrieb hat bei einer Ausgangslage (2020) von 750 Sauen und 1.000 verkauften Ferkeln (alle zwei Wochen) auf 1.600 Sauen und 1.000 verkaufte Ferkel jede Woche (2022) aufgestockt.
Herzstück dieser Entwicklung sind ein neuer Abferkelstall, ein neues Deckzentrum, ein Wartbereich sowie eine Erweiterung des Ferkelaufzuchtstalls. Für den Betrieb Ermann sowie den jungen Betriebsleiter stellen die Erweiterungen einen Zugewinn an Tier- und Mitarbeiterwohl (Strohduschen, Bewegungsbuchten, erhöhtes Platzangebot, Automatisierung, uvm.) dar.
Der Betrieb spürt eine steigende Nachfrage nach großen Ferkelpartien, der er nun problemlos gerecht werden kann. Zusammen mit kurzen Transportwegen zu Mastbetrieben und einer „Ferkel-Direktvermarktung“ sieht sich der Betrieb für die nächsten Jahren gut aufgestellt. Bis zum Jahr 2024 will sich der Betrieb dahingehend weiterentwickeln, dass jährlich bis zu 55.000 Mastschweine geschlossen vermarktet (Qualitätsfleisch) werden und eine Eigenremontierung erreicht wird. Sebastian Ermann hob jedoch auch hervor, dass Genehmigungsverfahren, Baukosten und preisliche Unsicherheiten gut bedacht sein sollten und durchaus eine Hürde in der Betriebsentwicklung und -anpassung darstellen können.
Abgerundet wurden die Vorträge durch Lars Wichmann (Betriebsleiter, Travenhof GbR), der mit seiner Präsentation zum Ausstieg aus der Schweinehaltung das Portfolio an möglichen Zukunftsstrategien vervollständigte. Auf dem Travenhof wurde aus vielfältigen Gründen (u.a. aufgrund der starken Bindung von Kapital und Arbeit, der fehlenden Planungssicherheit und Langfristigkeit oder der schlechten Marktlage) Ende 2020 der Ausstieg aus der Sauenhaltung realisiert. Vor dem Ausstieg aus der Sauenhaltung war der Plan für die Zeit danach bereits geschmiedet. Der Betrieb von Lars Wichmann stellt sich dieser Veränderung mit Vielfalt, neuen Ideen und Vermarktungsstrategien. Hierzu zählt, dass sich der Betrieb vielfältige Standbeine (Ackerbau, Dienstleistungen, Hühnermobile/Legehennen und Direktvermarktung) geschaffen hat.
Die Schweinehaltung ist nicht komplett vom Betrieb verschwunden, Mastschweine (ca. 1.500) werden noch immer gehalten. Der ehemalige Sauenstall wurde jedoch zu einem 80 m² großen Hofladen mit Vollsortiment umgebaut. Der Einstieg in die Direktvermarktung erfolgte mithilfe der Legehennenhaltung in Form von mittlerweile 2.500 Tieren in sieben Mobilställen.
Die Direktvermarktung erfolgt heute über 15 Wiederverkäufer (Tankstellen, Bäckereien, Lebensmittelgeschäfte o.ä.). Eine sukzessive Erweiterung des Sortiments und die Veredlung der eigenen Kulturen über bspw. eigenes Mehl und Müsli haben dazu geführt, dass sich die Direktvermarktung einer wachsenden Nachfrage erfreut und sich bereits eine Erweiterung des Hofladens abzeichnet.
Gemeinsam mit dem Moderator des Impulsforums, Jan Große-Kleimann (Mitglied im Arbeitskreis der Jungen DLG), konnten die ReferentInnen abschließend festhalten, dass es sich auszahlt, klare Perspektiven vor Augen zu haben und stets positiv in die Zukunft zu blicken.
Gerade für junge HofnachfolgerInnen und BetriebsleiterInnen zahlt es sich aus, im unternehmerischen Sinne groß und weit zu denken und vor einer Neuausrichtung des Betriebs zu identifizieren, wo die eigenen Stärken liegen und in welchen Bereichen sich der eigene Betrieb von der bisherigen Wirtschaftsweise und der Allgemeinheit der Betriebe abheben kann. Die Beispiele der drei BetriebsleiterInnen haben eindrucksvoll gezeigt, dass sich - trotz einer schwierigen Gesamtlage - positive betriebsspezifische Zukunftsstrategien finden lassen.
Die Junge DLG dankt allen RednerInnen und dem Moderator für die Unterstützung!